Ein Kommentar zum Artikel “Radfahrer stellt Strafanzeige” in DerWesten.
Eigentlich schon erschreckend, dass so etwas überhaupt eine Meldung wert ist. Der Artikel liest sich allerdings eher so, als ob der Radfahrer der Böse sei und so wird es im Allgemeinen wohl auch gesehen. Nach Meinung des Artikelschreibers und/oder der Polizei hätte der Radfahrer schließlich auch in den Graben springen können um den Autofahrer vorbeizulassen, wie es die Fußgänger ja auch machen. Ich glaube kaum, dass die Anzeige irgendetwas gebracht hat.
Meine Erfahrung dazu sieht so aus:
An dieser Stelle (http://goo.gl/gDTer) fahre ich normalerweise nicht wie die abgebildete Radfahrerin auf dem Schutzstreifen sondern wegen der parkenden Autos auf oder links der gestrichelten Linie. Da es dort stark bergab geht, bin ich dort bis zu 40 km/h schnell, so dass ich auch keine Autofahrer behindere, selbst wenn sie wegen Gegenverkehrs nicht überholen können. Trotzdem gibt es immer wieder Autofahrer, die meinen, einen Radfahrer per se immer und sofort überholen zu müssen. So auch die Fahrerin eines Pflegedienstwagens. Als sie nach 100 Metern endlich überholen konnte, meinte Sie, es mir noch mal richtig zeigen zu müssen, wer der Herr auf der Straße ist und überholte mich absichtlich mit wenigen Zentimetern Abstand um anschließend so dicht vor mir einzuscheren, dass ich bremsen musste um nicht unter die Räder zu kommen.
Die Diskussion an der nächsten roten Ampel spare mich mir hier mal. Jedenfalls bekam ich nach meiner Anzeige Monate später von der Staatsanwaltschaft den Bescheid, dass das Verfahren eingestellt wurde. Die Fahrerin hatte ausgesagt, dass ich mitten auf der Straße gefahren wäre und im übrigen hätte sie mich mit ausreichend Abstand überholt, was auch ihre Beifahrerin bezeugt. Ich kann mir vorstellen, dass die Frau nach der Anhörung mit dem guten Gefühl nach Hause gefahren ist, alles richtig gemacht zu haben.
Mein erstes Erlebnis war fast noch krasser. Damals bin ich wie die meisten Radfahrer noch näher am Bordstein entlang gefahren. An der gleichen Stelle wie oben beschrieben, überholte mich ein Sattelzug mit etwa 20cm Abstand. Da auch nach rechts kein Platz mehr war, hatte ich wirklich Angst um mein Leben. Diesmal scheiterte mein Versuch, den LKW-Fahrer bei der Polizei anzuzeigen schon im Ansatz. Die Beamten weigerten sich schlichtweg, die Anzeige überhaupt aufzunehmen. Mein Einwand, ich würde wenigsten wünschen, dass der LKW-Fahrer mitbekommt, dass er mich gefährdet hat auch wenn die Anzeige wegen ” Aussage gegen Aussage” keine Aussicht auf Erfolg hat, wurde mit abenteuerlichen Begründungen abgebügelt:
“Es ist ja nichts passiert, also war der Abstand doch groß genug”
(zynischer geht eigentlich nicht mehr)
“Wenn es mir auf der Fahrbahn zu gefährlich ist, sollte ich doch lieber auf dem Bürgersteig fahren”
(hätte ich mir eigentlich schriftlich geben lassen sollen)
“Wenn ich nicht in der Lage bin, mein Fahrrad sicher zu führen, hätte ich auf der Straße sowieso nichts verloren”
(Auf meinen Einwand, dass ich durch den Sog und den Schrecken nur einen kleinen Schlenker hätte machen müssen um unter die Räder zu kommen.)
Ein dritter Versuch einen Autofahrer anzuzeigen, der meinte, sein Auto als Waffe zu benutzen, war ebenfalls erfolglos, obwohl ich diesmal sogar Zeugen hatte.
Die Anzeige wurde zwar aufgenommen, aber danach habe ich nie wieder etwas davon gehört. Ich vermute, dass der Polizist sie gar nicht erst weiter geleitet hat.
Ich kann nur jedem davon abraten, Autofahrer anzuzeigen. Es ist die Mühe und den Ärger nicht wert. Polizisten und Staatsanwälte sind Autofahrer und haben für solche Versuche nicht das geringste Verständnis. Statt dessen hilft ein nur ein dickes Fell und ein sonniges Gemüt.
Frei nach dem Motto “Es ist ja nichts passiert, also ist doch alles gut”