Warum ist Bahnfahren so schwer?

Neulich bin ich mal wieder an einer einfachen Preisauskunft gescheitert. Ich finde das traurig, weil die Hürden für den öffentlichen Nahverkehr so unnötig hoch sind. Das Problem sind die vielen Verkehrsgesellschaften, die leider nicht in der Lage sind, über den eigenen Kirchturm hinaus zu denken.

Ich habe jetzt mal an die beiden zuständigen Verkehrsverbünde geschrieben. Vielleicht gibt es eine hilfreiche Antwort. Noch besser wäre es natürlich, wenn sich endlich mal etwas ändern würde, aber dafür müssten sich wahrscheinlich noch ein paar mehr Menschen zu Wort melden.

Offener Brief an den Verkehrsminister von NRW  und des Bundes, die Deutsche Bahn, den ZRL und den VRR:

Sehr geehrte Damen und Herren,
leider war es mir letztens nicht möglich, eine einfache Auskunft aus dem Internet zu beziehen. Die Frage hieß „wie teuer ist eine Fahrt mit drei Personen von Kamen nach Essen?“. Kann ja nicht so schwer sein, dachte ich, schauen wir mal kurz im Internet nach.

Die erste Anfrage bei bahn.de brachte das übliche „Preisauskunft nicht möglich“, obwohl es sich um deinen Regionalexpress der DB handelt. Welchen Vorteil die Privatisierung für den Kunden bringen soll, habe ich noch nie verstanden, aber daran habe ich mich mittlerweile gewöhnt.

Nun bin ich nicht völlig ungeübt darin, eine Fahrkarte zu bestellen, auch wenn es jedesmal eine Herausforderung ist, wirklich das günstigste ANgebot zu finden. Ich weiß zum Beispiel, dass eine fehlende Preisauskunft auf Verkehrsverbünde oder Privatbahnen hinweist und als Einheimischer weiß ich sogar, dass es sich dabei um ZRL oder VRR handeln muss. Auf beiden Seiten ist es mir allerdings nicht gelungen eine Preisauskunft für die Strecke zu bekommen. Den Versuch eine brauchbare Seite zu finden, die mir das Wabensystem und Übergangstarife verständlich zu erklären, so dass ich mir den Preis möglicherweise selbst ausrechnen könnte, habe ich nach einer halben Stunde aufgegeben.

Am Ende sind wir dann einfach mit dem PKW gefahren, bevor wir uns auf irgendwelche finanziellen Abenteuer einlassen.

Bin ich jetzt einfach zu blöd zum Bahnfahren?

Oder gibt es vielleicht irgendwann mal ein Portal, in das NRW-weit oder vielleicht sogar Deutschlandweit alle Tarife in eine gemeinsame Datenbank eingespeist und leicht zugänglich gemacht werden?

Ein erster Schritt wäre immerhin eine übersichtlichere Gestaltung der Internetauftritte der einzelnen Verkehrsgesellschaften und ein Hinweis, wie in einem solchen Fall an die erforderliche Information zu kommen ist. Vermutlich bin ich ja nicht der einzige Mensch, der den ungewöhnlichen Wunsch hegt, zwischen verschiedenen Tarifgebieten ein- bzw. auszureisen.

Ich bin einer großer Verfechter des öffentlichen Nahverkehrs. Das übliche Gejammer über unpünktliche Züge und unfreundliches Personal kann ich aus eigener Erfahrung auch nicht bestätigen. Was mich aber wirklich stört, ist die unnötig hohe Einstiegshürde an eine Fahrkarte zu kommen.

Es würde mich freuen, von Ihnen zu hören. Die Antwort würde ich gerne mit Ihrer Erlaubnis auf meiner Internetseite unter https://stadtmobil.wordpress.com/2013/11/17/warum-ist-bahnfahren-so-schwer/ ‎veröffentlichen.

Mit freundlichen Grüßen

8 Kommentare to “Warum ist Bahnfahren so schwer?”

  1. Die Bahn war am schnellsten:

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    vielen Dank für Ihre E-Mail.

    In unserer online Reiseauskunft können für Verbindungen, für deren Preisberechnung der Tarif eines Verkehrsverbundes zur Anwendung kommt, keine Preise angezeigt werden.

    Um den Gesamtpreis einer Reise vorab zu erfahren, können Sie unsere Kollegen und Partner beim telefonischen Reise-Service unter der Rufnummer 0180 6 99 66 33 – „Stichwort Reiseservice“ (20 ct/Gespräch aus dem Festnetz, aus dem Mobilfunknetz max. 60 ct/Gespräch), unsere DB Reisezentren oder DB-Agenturen kontaktieren.

    Wir bitten Sie hierfür um Ihr Verständnis.

    Helfen Sie uns unser Angebot und unseren Service weiter zu verbessern. Beantworten Sie dazu bitte nachfolgende Fragen unter http://www.bahn.de/serviceumfrage Vielen Dank.

    Mit freundlichen Grüßen

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    Nun gut, eine kostenpflichtige Hotline. Vielleicht rufe ich dort die Tage mal an und probiere das aus.
    Allerdings: Warum kann die Hotline Informationen herausgeben, die über die Internetreiseauskunft nicht verfügbar sind.
    Ich finde Bahnfahren eigentlich teuer genug. Warum muss die Bahn auch noch für den letzten Krümel Service Geld verlangen. Und warum finde ich nicht schon auf der Internetseite in direkter Umgebung zur fehlenden Preisauskunft den Hinweis darauf, wie ich an die Information komme?
    Mag die Bahn ihre Kunden nicht?

  2. Etwas mehr Zeit als die Deutsche Bahn hat sich das Verkehrsministerium von NRW genommen und dafür eine brauchbare Antwort geliefert. Schönen Dank dafür. Ich finde es immerhin beruhigend, dass sich etwas zu tun scheint. Dass die Mühlen bei solchen Angelegenheiten langsam mahlen, war zu erwarten, aber es geht immerhin voran.

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    Ich kann Ihre Verwunderung und auch Ihren Ärger sehr gut nachvollziehen. Die Auskünfte über die Systeme beim VRR, der Deutschen Bahn oder Ruhr-Lippe-Tarifgemeinschaft sind in der Tat nicht ausreichend und nur wenig erhellend.

    Die Tariflandschaft in Nordrhein-Westfalen ist leider kompliziert. Das liegt zum einen an der historischen Entwicklung (die Tarife sind aus vielen Busgemeinschaften entstanden), vor allem aber auch an der rechtlichen Ausgestaltung in Deutschland: Nach dem Personenbeförderungsgesetz und dem Allgemeinen Eisenbahngesetz bestimmen die Verkehrsunternehmen den Preis für den Tarif. Wollen Aufgabenträger wie der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr einen einfacheren und transparenteren Verbundtarif einführen, was in der Vergangenheit geschehen ist und was europarechtlich zulässig ist, so müssen sie den Unternehmen die Differenz zum Regeltarif ausgleichen. Ich hole so weit aus, um Ihnen zu verdeutlichen, dass die Tariffindung allgemein in Deutschland komplex ist.

    Die Aufgabenträger und Unternehmen sind nach meiner Einschätzung durchaus bemüht, den Tarifdschungel durch eine moderne Fahrplan- und Ticketauskunft verständlicher zu machen. Das heiß nach meiner Einschätzung aber nicht, dass man das nicht noch besser erledigen könnte. Mein Rat an Sie wäre, wenn Sie eine Tarifauskunft wünschen, sich zunächst auf der Seite http://www.busse-und-bahnen.nrw.de zu orientieren. Dort bekommen Sie Informationen zu Verbundtarifen und vielleicht noch wichtiger, detaillierte Informationen für verbundübergreifende Fahrten, den NRW-Tarif. Derzeit wird intensiv daran gearbeitet, die Tarifinformation gerade im Wechselspiel Unternehmenstarif/Verbundtarif/NRW-Tarif für den Kunden zu verbessern. Dazu ist es aber notwendig, alle bestehenden Informationssysteme der Unternehmen und Verbünde besser abzugleichen. Ich gehe davon aus, dass wir noch in 2014 für die Seite http://www.busse-und-bahnen.nrw.de zu einem wirklichen Informationsgewinn für den Kunden kommen können. Darüber hinaus ist es den Zweckverbänden (VRR, Verkehrsverbund Rhein-Sieg, Aachener Verkehrsverbund, Westfälische Zweckverbände) gelungen, mit der Deutschen Bahn einen Reisendeninformatonsvertrag zu schließen. Davon werden mittelfristig alle Auskunftssuchenden profitieren, haben sich doch die Vertragspartner verpflichtet, alle Informationen gegenseitig in ihrem Informationssystem anzuzeigen, insbesondere die Deutsche Bahn auch die Daten der privaten Unternehmen. Der Weg zu einer besseren Auskunft ist also bereitet, wird aber noch ein wenig Zeit beanspruchen. Parallel arbeiten die Westfalen an einem sog. Westfalentarif und der VRS und AVV an einem Rheinlandtarif. Größere Tarifgebiete haben weniger Grenzen und Übergangstarife und sind für den Kunden einfacher zu handhaben. Insgesamt geht es in Nordrhein-Westfalen voran, wenn man sich auch ein vielleicht höheres Tempo bei der Vereinheitlichung wünschte. Aber ich hoffe, ich konnte Ihnen verdeutlichen, dass die Gründe für eine Harmonisierung in der durchaus als anspruchsvoll zu nennenden Tarifwelt liegen.

    Velen Dank für Ihr Interesse am ÖPNV in Nordrhein-Westfalen.

  3. Ich bin beeindruckt. Hast du fünf Mal nachgefragt oder tatsächlich schon auf die erste Anfrage eine so sinnvolle Antwort erhalten? Die Sache mit den einfacher handhabbaren größeren Tarifgebieten stimmt aber auch nur bedingt – die Preisgestaltung im Hamburger Nahverkehr z.B. kann auch nicht mal der HVV selbst erklären, siehe http://www.pop64.de/unentschieden/hamburg-bekloppte-tarif-perle/

    • Nein, beim ersten Versuch. Natürlich kann man davon ausgehen, dass das hochfliegende Pläne sind, von denen in der Praxis nur die Hälfte brauchbar ist. So ist das ja immer. Aber halb gut wäre immerhin schon ein deutlich höherer Erfolg als bei Eurer Elbphilharmonie 😉

      Ich setze ja meine Hoffnung auf die Kooperation mit der Bahn. Das erscheint mir am einfachsten und sinnvollsten.

      In Hamburg habt Ihr es auch schön, wohl wahr. In NRW ist das allerdings noch geiler, weil wir ja nicht eine Stadt mit einem Verkehrsverbund, sondern viele Städte mit vielen Verkehrsunternehmen haben. Das Ruhrgebiet ist zwar ein Riesenballungsraum, aber im Grunde immer noch eine Ansammlung von Kleinstädten. Da kannst Du die Tarifstufen noch mal mit der Anzahl der Städte multiplizieren.

  4. Die Antwort vom Land NRW ist ermutigend. Allerdings: „Parallel arbeiten die Westfalen an einem sog. Westfalentarif und der VRS und AVV an einem Rheinlandtarif. Größere Tarifgebiete haben weniger Grenzen und Übergangstarife und sind für den Kunden einfacher zu handhaben.“ Dann sind Kunden mit einer Bahncard ja noch mehr gekniffen als heute schon. Es wird dann bitte auch Zeit, dass die BC in den Verbünden anerkannt wird. Will man im VRR zur Zeit billig unterwegs sein, sollte man nämlich heute immer prüfen, ob eine Fahrkarte mit einer IC-Teilstrecke und dem Bahncard-Rabatt nicht sogar günstiger ist als ein VRR-Ticket. Innerhalb von Verbünden kann man keine DB-Fahrkarte mit Bahncard-Ermässigung kaufen. Durch den Einbau der IC-Verbindung wird das Ticket zu einem Fernverkehrsticket, und die Bahncard gilt! Das macht den Tarifdschungel in der Praxis noch undurchdringlicher…

  5. Ein verständliches Tarifsystem wäre dann die nächste große Baustelle. Zur Zeit ist es nicht mal möglich eine Auskunft zu bekommen, obwohl man viel Zeit und Mühe investiert.
    Ich glaube dieses wilde Durcheinander ist eine der größten Hürden im öffentlichen Nahverkehr. Nicht nur, dass man teilweise exorbitante Preise zahlen muss. Es bleibt auch immer noch das Gefühl, trotz aller investigativen Fähigkeiten trotzdem noch zu viel zu zahlen, weil man gerade den entscheidenden Trick übersehen hat.
    Ich weiß nicht wie wir auf diesen Holzweg gelangen konnten. Während in der Wirtschaft immer mehr fusioniert und monopolisiert wird, kann der flächendeckende Nahverkehr offensichtlich gar nicht kleinteilg genug betrieben werden. Statt die Bahn zu zerschlagen, wäre mehr Zentralismus der richtige Weg gewesen.

  6. Also innerhalb von einer Minute war ich über die Menüs hier:

    http://vrr.de/de/tickets/verbuende/index.html

    Zwischen VRR und Verkehrsgemeinschaft Ruhr-Lippe (VRL)
    Sie möchten vom VRR-Raum in das Gebiet der Verkehrsgemeinschaft Ruhr-Lippe fahren, zum Beispiel nach Lünen, Kamen, Unna, Bergkamen, Holzwickede oder Schwerte? Dann gilt für Sie der VRR-Tarif. Darüber hinaus gilt der VRL-Tarif für grenzüberschreitende Fahrten im definierten Geltungsbereich.

    Damit sollte sich alles andere schnell klären lassen.

    • Ach ja? Eine Minute reicht nur leider nicht. Und was kostet die Fahrt denn nun? Wenn ich die Fahrt bei efa eingebe, erhalte ich immer noch keine Auskunft. Welchen VRR-Tarif muss ich denn jetzt wählen? Das einzige Erhellende an der Seite ist eventuell die Telefonnummer zur Fahrplanauskunft.

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